Heute ist er wieder: der ganz besondere Feiertag. Und da die Berliner und Brandenburger nur spärlich damit gesegnet sind, muss man als Reiter jeden solcher Tage nutzen und an Herrentag ist ja bekanntlich IMMER schönes Wetter (den Herren zu Ehren). Jedenfalls erinnert mich dieser Tag immer an einen großen Ausritt, den wir vor einigen Jahren am Herrentag gemacht haben. Wir waren voller Vorfreude einen ganzen Tag lang das schöne Märkisch-Oderland vom Sattel aus zu erkunden und packten unsere Satteltaschen mit Keksen, Getränken und Regenkleidung für den Notfall.
Und dann ging es los von Hönow in Richtung Trappenfelde. Die Sonne schien, wir hatten gute Laune und die Pferde waren fleißig unterwegs. Als der erste Galopp anstand, durfte ich mit meinem Pflegepony sogar nach vorn. Tina hätte sich sowieso nicht lange halten lassen, denn einmal bei einem Ponyrennen gestartet, entwickelte sie bei einem Galopp in der Gruppe immer unheimlichen Ehrgeiz und ließ sich kaum davon überzeugen, dass sie NICHT immer die Position ganz vorn ergattern musste. Um diesem Stress aus dem Weg zu gehen, sollte ich einfach von Anfang an vorn sein und die Gruppe anführen. Ich ließ mir also kurz beschreiben, wie der mir unbekannte Weg vor uns verlaufen würde und dann ging es los. Ein weicher Sandweg, rechts von uns eine Baumreihe, links von uns ein schulterhohes Getreidefeld. Ich genoss gerade den flotten Galopp, als der Weg abrupt in einer Neunzig-Grad-Links-Kurve abknickte. Weder mein Pony, noch ich konnten so schnell reagieren und wir verfehlten irgendwie die Kurve. Tina sprang geistesgegenwärtig über den vor uns liegenden Graben, ich beschloss doch lieber mitten im Flug abzuspringen und rollte in den – Gott sei Dank! – trockenen Wassergraben. Das Pferdchen nach uns blieb nichts anderes übrig, als ebenfalls zu einem gekonnten Sprung über den Graben (mit mir darin!) anzusetzen. Ich schwöre: das waren die längsten 5 Sekunden meines Lebens! Ich sehe es noch heute vor mir, wie das Pferd zum Sprung ansetzt, die Vorderbeine anzieht, über mich rüber segelt und auf der anderen Seite landet.
Der Rest der Gruppe schaffte es in einer Massenkarambolage vor mir stehen zu bleiben. Während ich gerade beteuerte, dass mit mir alles in Ordnung wäre, wurde ich gefragt, warum ich eigentlich mein Pferd abgetrenst hätte. Verwirrt schaute ich die Fragestellerin an, ließ dann meinen Blick zu der zufrieden grasenden Tina gleiten und tatsächlich – sie hatte keine Trense um! Die hatte ich stattdessen in der Hand! Komplett mit Zügeln, geschlossnem Nasen- und Kehlriemen. Wie das passiert ist, ist bis heute ein ungelöstes Rätsel.
Als wir alle wieder auf getrensten Pferden saßen und auf dem richtigen Weg waren (Tina und ich hatten irgendwie eine Abzweigung verfehlt), beruhigte sich alles ein wenig. Bis wir auf die ersten Herren an diesem Herrentag stießen. Wie zu erwarten, waren sie nicht mehr so ganz im Vollbesitz ihrer körperlichen und teilweise sowieso nur beschränkt vorhandenen geistigen Kräfte (nichts für Ungut Männer). Und unsere Pferde kannten zwar Fahrräder, allerdings nur solche, deren keine grünen Zweige und ganze Fliederbüsche aus dem Lenker wuchsen. Es handelte sich eher um Bäume auf Rädern als um herkömmliche Fahrräder. Auch die dargebotenen Bierflaschen als „Erfrischung für den Gaul“ waren den Pferden irgendwie suspekt. Als schließlich einer der vielen Herren, die unseren Weg kreuzten, mit seinem Rad schlichtweg neben uns umfiel, in einem Brennnesselfeld baden ging und daraufhin wie von der Tarantel gestochen aufsprang und wehklagte, war auch das tapferste unserer Ponys mit den Nerven am Ende.
Wir kapitulierten schließlich und beschlossen diesen furchtbaren Ritt nach einer kurzen Pause zu beenden und uns auf den Heimweg zu machen. Allerdings planten wir diesmal über Mehrow zurückzureiten, um eine andere Strecke auszuprobieren. Die Chance, dass wir dort ungestört reiten konnten, war zwar gering, aber es kam auf einen Versuch an. Allerdings sollte es ganz anders kommen: wir überquerten gerade eine kleine Landstraße als wir plötzlich lautes Blöken vernahmen. Irritiert schauten wir uns um und als wir eine Baumgruppe umrundet hatten, sahen wir eine große Schafherde auf der Wiese stehen. Diese Tiere sind über eine Distanz betrachtet bestimmt recht putzige Tiere! Wenn man aber auf einem Pferd sitzt, die Schafe direkt auf einen zusteuern und man nur Ausschau nach dem großen Bock mit den Hörnern hält, ist es irgendwie nicht so lustig. Da helfen auch Sprüche wie „du fällst doch weich“ nicht besonders. Wir befanden uns also recht schnell inmitten der Schafherde, während der Schäfer seine Herde über die Straße trieb. Erstaunlicherweise sind die Pferde recht ruhig geblieben und es nichts passiert.
Als wir am späten Nachmittag völlig entnervt wieder am Stall ankamen, haben wir uns geschworen einen solchen Ritt nie wieder an den Herrentag zu legen. Dieser Tag scheint für unsere Stallgemeinschaft irgendwie verhext zu sein. Dieses Jahr wollen wir zwar einen neuen Versuch zu einem 2-Tagesritt wagen, aber erst am Wochenende danach. Wir hoffen, dass unser Weg nach Weesow bei Werneuchen keinerlei Überraschungen birgt. Ich werde euch hinterher berichten.
(Janina)
Der Fluch scheint besiegt zu sein! Am Vormittag kamen Petra und Kaya mit den Isis fröhlich aus dem Gelände und Janina und ich hatten heute auch einen super Ausritt ohne Zwischenfälle. Denn trotz blauer Zelte im Wald, knallroter Feuerlöscher auf dem Weg, Motorradfahrern von vorn, Schwan von links und Hund von rechts waren Shayenne und Soltan völlig gelassen. Vielleicht lag es an den fehlenden Schafen…